Ein besonderer musikalischer Leckerbissen erwartete am Sonntagabend 9.6.24, ab 17 Uhr die über hundert erschienen Gäste in der Kirche St. Felix & Regula.
Zum 125jährigen Pfarrei- und Chor-Jubiläum sind verschiedene Vereine und Gruppen eingeladen, sich an den ganzjährigen Feierlichkeiten zu beteiligen. So auch die Missione Catholica in Thalwil. Dass Don Ihor Boyarskyy eine wunderschöne Stimme hat, wussten vielleicht schon einige. Dass er aber bereit ist, sich gemeinsam mit dem Kirchenmusiker Pfr. Mario Pinggera aus Richterswil zusammen zu tun, um ein besonderes Orgel-Sing-Konzert auf die Beine zu stellen, braucht schon etwas mehr!
Angekündigt wurde das Ganze von ihnen alsdenn als ein «musikalisches Experiment, mit viel Improvisation». Auf der einen Seite der Orgel-Virtuose Pinggera, der für seine Kirchen Konzerte bekannt ist, auf der anderen Seite der gebürtige Ukrainer, der lange Zeit in Italien lebte und mit Hingabe und gesanglichem Können Zeugnis für seinen persönlichen Weg ablegt. Und für seinen Glauben.
10 Musikstücke standen auf dem Progammzettel. Die 90 Minuten gingen schnell herum, zum Schluss gabs Standing Ovation, einige Besucherinnen und Besucher hatten Tränen in den Augen. Denn die konzipierte muiskalische Zeitreise, die um die Jahrtausendwende zum 20. Jahrhundert hin begann – damals, als diese Kirche erbaut wurde – hatte es in sich.
Pfr. Pinggera brachte die historischen Bezüge zu Beginn ein: «Wie viele Hochzeiten, Abdankungen hat diese Kirche in den letzten 125 Jahren erlebt? Auch zwei Weltkriege!» Die Musik jüngerer Komponisten berichtet uns in ihren Werken auch aus dieser schwierigen Zeit, wo unvorstellbare Grausamkeiten geschahen. Der Bezug zu heute mit dem Ukraine-Krieg in Europa war augenscheinlich. Und so waren die Stücke von Franz Schmidt (1874-1939), Gustav Baumritter (18995-1941), der im Warschauer Ghetto starb, und der Hamburger Totentanz von Guy Bovet (* 1942) eigenwillige und eindrückliche Werke, welche bis ins Knochenmark gingen. Dazwischen aber brachte sich Don Ihor authentisch mit seiner Stimme ein. Besonders ergreifend war seine Eigenkompositionen „Ascolta anima mia“, die von seiner Berufung zum Priester vor 20 Jahren handelt. Dies wechselte mit polnisch-englischsprachigen Volksliedern zu bekannten Marien-Hymnen. Es war eindrücklich, wie sich die Orgel zurück zu nehmen wusste, um den Botschaften der Lieder, des Glaubens durch Don Ihors Stimme Raum zu geben. Als gebürtiger Ukrainer sang er in Lied Nr. 4 „Sognare la casa“ von seiner Heimat und von «den Träumen, wieder nach Hause zu kommen». Ihm ist es ein Anliegen, dass wir niemals aufgeben, einander zuzuhören und zu helfen. Auch heute wäre es mehr als ein Konzert. Es wäre vielmehr ein vorgetragenes Gebet! Und um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen, drehte er sich mehrmals hin zu Christus am Kreuz und verneigte sich.
Schliesslich endete das Konzert mit einem marianischen Wallfahrtslied «Wir ziehen zur Mutter der Gnaden»von P. Alberich Zwyssig, dem Komponisten der Schweizer Nationalhymne. Dieses Lied wurde Pfarrer Marius gewidmet, der unsere Pfarrei Ende Juni verlassen wird. Es möge ihn zu seinem neuen Wirkungsort mit begleiten. – Als Zugabe stimmte Don Ihor nochmals das ukrainische Lied an, bevor sich die Besuchenden zum Umtrunk im Pfarreisaal einfanden.
Allen Beteiligten gebührt ein grosser Dank, dass ein solch unkonventionelles Konzert stattfinden konnte! Einige Proben waren dazu nötig, es braucht Mut und Freude an der Musik und die Überzeugung, dass wir gemeinsam in Resonanz gehen. Für eine friedvollere Welt. Aber nicht naiv, sondern in Verbundenheit mit unserer Geschichte.
S. Zgraggen